Das Vulgärlatein
Die Quellen des VL
Appendix Probi
Da das Lateinische im 3.-4. Jahrhundert n. Chr. nicht mehr verständlich war, begann man, Grammatiken zu erstellen, damit die klassisch-lateinischen Texte verständlich und die Sprache erhalten blieben. Eine Grammatik normativen Charakters ist der Appendix Probi, in dem 227 klassisch-lateinische Formen korrigiert werden. Dies geschieht dadurch, dass immer zuerst die lateinisch korrekte Form genannt wird (z. B. speculum) und danach gesagt wird, wie man es nicht machen soll (non speclum).
Die Kategorien der korrigierten Worte werden im Folgenden aufgezeigt.
1) Die Synkopierung
Damit wird die Tendenz angeprangert, bei Wörtern, die auf der drittletzten Silbe betont werden (sog. Proparoxytona), die unbetonte zweitletzte Silbe wegzulassen, so dass die ehemals drittletzte Silbe zur betonten zweitletzten wird (spéculum > speclum). In der Tat ist dies aber eine Regel für das VL: Eine unbetonte Silbe nach einer betonten drittletzten Silbe eines Wortes fällt weg. Ein weiteres Beispiel ist: oculus non oclus.
Siehe auch: Die Gleitkonsonanten
Für weitere Beispiele siehe: Weitere Beispiele zur Synkopierung
2) Tendenz, Diphthonge zu bilden (Hiattilgung)
Da ein Hiatus (also eine Buchstabenkombination aus a, e und o) schwieriger zu sprechen ist als ein Diphthong (Buchstabenkombination aus a, e oder o und i oder u), begann man, diese Hiate zu "tilgen", d. h. man wandelte sie in Diphthonge um. Man sagte z. B. nicht mehr vinea (vi|ne|a), sondern vinia (vin|ia).
Für weitere Beispiele siehe: Weitere Beispiele zur Hiattilgung
3) Deklinationen und Genera
Im Vulgärlateinischen begann man auch damit, die komplizierten und manchmal unlogischen Deklinationen und Wortgeschlechter anzupassen bzw. zu vereinfachen (siehe auch Reduzierung der Deklinationen). So wurde aus KL nurus (Schwiegertochter, trotz männlicher Endung -us) im VL nura.
Für weitere Beispiele siehe: Weitere Beispiele zur Vereinfachung der Deklinationen und Genera
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