Die Orthographie des Mittelfranzösischen (16. Jhdt.)
Versuche einer Rechtschreibreform
Da man sich im 16. Jahrhundert der Tatsache bewusst wurde, dass sich die Orthographie keinesfalls mit der Aussprache mitgewandelt hat, sondern auf dem Stand des 13. Jahrhunderts stehen geblieben war, unternahm man einige Versuche der Reformierung. L. Meigret verfasste das Werk Le tretté de la Grammere françoeze aus dem Jahr 1550, und J. Peletier du Mans schrieb den Dialogu
e
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d
e
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l'ortograf
e
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et Prononciation Françoęs
e
/
im Jahr 1555. An diesen Titeln kann man schon die Bemühungen beider Autoren erkennen, die verschiedenen Qualitäten des e zu berücksichtigen: Sie versahen das offene e mit einem diakritischen Zeichen, welches auch dazu diente, die Aussprache [s] des sonst zweideutigen Graphems c anzuzeigen. Peletier ging sogar so weit, das e muet durch ein mit einem Schrägstrich durchgestrichenes e graphisch darzustellen.
Diese Systeme waren jedoch nicht eindeutig, da z. B. bei tretté das erste e nicht als offen markiert war. Aber auch die Buchdrucker, die orthographischen Reformen unaufgeschlossen gegenüber standen, trugen maßgeblich dazu bei, dass sich diese Orthographie nicht durchgesetzt hat.
Das Wörterbuch von R. Estienne (Dictionaire francois-latin) von 1539 war bestimmend geworden in dem Maße, dass es das Einzige war, das den französischen Wortschatz in alphabetischer Reihenfolge darstellte. Estienne stand Neuerungen jedoch kritisch gegenüber, obwohl er einige, z. B. den accent aigu und den Apostroph, in sein Wörterbuch aufnahm. Dagegen weigerte er sich lange, die cédille einzuführen und verwendet statt ç (prononçons) die Schreibung ce (prononceons).
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